„KOMPLIMENTE UND SONSTIGE ÜBERFLÜSSIGKEITEN…“
SO ERLEBT SIE ES:
Wie manche von Ihnen schon mitgekriegt haben dürften, gehöre ich eher der Spezies „Dramatische-Übertreibungs-Künstlerin“ an. Während mein lieber Josef eher dem Menschen-Typus „Stoischer-Untertreibungs-Bauer“ zugeordnet werden muss. Was im Alltag natürlich zu fatalen Folgen führen kann:
Denn schlage ich mich irgendwo an, „schreie ich…“, laut meinem lieben Josef, „wie ein abgestochenes Kalb durch ganz Wien, nämlich so laut, dass sich die Notfall-Unfallwagen vor unserer Haustüre gegenseitig prügeln, wer diesem, gerade im Sterben liegenden Menschen, das Leben retten darf!“ Hingegen hat sich mein lieber Josef das Knie gebrochen, läuft er monatelang ohne einen Mucks zu machen damit herum, und meint sogar nach vollbrachtem, für ihn sowieso in jeder Hinsicht sinnlosem Spaziergang, „Geht eh!“
Da jede Eigenschaft eines Menschen sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich bringt, ist mein lieber Josef mit Gefühlsausbrüchen in positiver Hinsicht leider genauso spartanisch, wie wenn er sich verletzt hat. Was heisst: Komplimente fallen ihm gar nie ein!
Ich erinnere mich so gut, dass ich anfangs, immer ganz besonders darauf achtete, dass ich gut aussah, meine Haare zu Locken legte, dass ich mich schminkte, und dass ich besonders darauf schaute, mich gut anzuziehen. Sprich somit investierte ich summa summarum an die 2 Stunden Zeit, in die Hoffnung auf ein anschließendes Kompliment. Denkste! Denn es kam weder ein: „dass ich gut aussehe“, „geil sei“, „hübsch anmute“, „mich extra schick gemacht habe“, ja mir wäre die Art des Ausdrucks vollkommen egal gewesen…, nur was mir nicht egal war, war dieses spartanische „Nichts“, das als einzig verlässliche Reaktion immer kam!
Und wenn ich dann mit der Zeit erwartungsvoll um 5 Sekunden länger in derselben Pose verharrte, die Augen weit aufriss und ihn fragend anstarrte, kam immer noch nichts! Und wenn ich dann meine Methoden verschärfte, indem ich nachfragte…
„Und fällt dir etwas auf?“
„Nein! Sollte es?“
„Ja, ich habe mich extra hergerichtet…! Stundenlang! Nur schon für die Haare habe ich 2 Stunden investiert, fürs Schminken noch einmal 1 Stunde und fürs Klamotten aussuchen wieder eine ganze halbe Stundeeee….! Und das alles nur für dich!“ (Bitte wie gesagt ich gehöre zur Spezies der „Dramatischen-Übertreiber“!)
….kam immer noch nichts bzw. noch schlimmer als nichts:: „Aber bitte das hättest doch nicht machen müssen!“
Ja, ich gestehe: da kam bei mir schon immer öfter dann das Gefühl auf, vor einem vollen Buffet verhungern zu müssen. Denn wenn man bedachte, wie viele Männer mir im Laufe eines Tages oder einer Woche begegneten, die sich vor Komplimenten nur so übersprangen, und mein eigener Partner brachte nicht einmal 1 Wort der Wertschätzung über seine Lippen, da fragte ich mich dann schon manchmal, ob das wirklich mein Märchenrpinz war? Und als dann eines Tages die absolute Krönung passierte,
-Ich fragte meinen wunderbaren Josef, „ob er mich denn noch liebe?“ Und bitte liebe Männerwelt! Wenn das eine Frau fragt, ist sie schon in Not! Denn Ziel ist es doch, dass sie sich immer geliebt fühlt, und diese Frage gar nicht erst stellen muss! Ja und was antwortete mein lieber Josef auf die Frage, ob er mich noch liebe?
„Wenn ich dich nicht vom Gegenteil in Kenntnis setze, ist alles beim Alten!“-
Und wissen Sie was? Dann schlug ich mit meiner Faust auf den Tisch! Denn bei aller Liebe, egal wie spartanisch ein Mensch veranlagt ist, Komplimente und Wertschätzungen sind das Elixier zum Leben. Zum Glücklich-Leben! Und eines ist für mich fix: ich will nicht „funktionieren-leben“, ich will „glücklich leben“! Und so beschloss ich, in diesem Punkt musste sich mein Josef ändern! Denn ein Bauer ist ein Bauer und muss aber nicht in jedem Punkt ein Bauer bleiben!
DIE MORAL VON DER GESCHICHT: tu den Bauern immer wieder herausfordern schon! Denn siehe da, mein lieber Josef findet mich immer wieder schön, liebenswert und sexy. Danke lieber Bauer, dass du mir das auch immer öfter sagst!
SO ERLEBT ER ES:
Meine liebe Hilde lehrt Menschen ihren Selbstwert zu steigern, zu sich selbst zu finden und sich bestens darzustellen. Umso verwunderlicher für mich ist es, dass sie von mir am liebsten im Minutentakt Komplimente bekommen würde. Dies trotz der Tatsache, dass ich einfach nicht wahrnehme, ob da ein Kilo mehr oder weniger am Körper ist, oder ob und wie geschminkt meine liebe Hilde ist.
Genauso fällt mir kaum auf, ob die Fingernägel in einer neuen Farbe erstrahlen, oder die Haare um einen Zentimeter kürzer wurden. Einzig die Änderung oder Erneuerung der Haarfarbe nehme ich wahr, und das in erster Linie nur deshalb, weil ich den anstrengenden, teuren und zeitraubenden Frisörtermin mitbekomme.
Für mich ist meine liebe Hilde, so wie Gott sie schuf, eine wunderhübsche Frau, egal welche Kleidung sie trägt, ob zerknittert oder bunt, und die Schminke, die bräuchte ich überhaupt nicht. Daher fällt sie mir auch nicht auf, und kann ich schon gar nicht darauf reagieren. Im Gegenteil, hier nervt die abendliche Badblockade wegen dem notwendigen Abschminken.
Nur funktioniert das so nicht. Meine Liebste erwartet ständig meine diesbezügliche Aufmerksamkeit. Das heißt, ich muss meine Blicke schärfen und vor allem bei jedem Wiedersehen sofort all ihre Äußerlichkeiten bewundern, um nicht umgehend mit einer sehr enttäuschten Hilde konfrontiert zu sein.
Darüber hinaus ist die Tatsache, dass ich meinen knappen Zeitreserven immer wieder noch gemeinsame Zeiten abzwicke, noch lange kein Beweis für meine Liebe, nein die muss auch mehrmals täglich artikuliert werden, denn sonst kann es ja keine wahre Liebe sein. Ja ganz schön anstrengend so ein sensibles Künstlerherz.
Auch das Faktum, dass ich täglich beim Aufstehen und beim Schlafengehen meine Liebe erkläre, reicht nicht und ist offensichtlich in kürzester Zeit vergessen. So verlangt dann mein liebster Schatz schon sehr bald, dass ich meine Liebe wieder und wieder kundtue. Sie frägt da so misstrauisch nach, dass es fast den Anschein hat, sie zweifle daran. Ebenso vergesslich ist sie, was meine Anerkennung der Äußerlichkeiten betrifft.
Für mich ist und bleibt sie die wunderhübscheste Frau auf Erden, dass dies allerdings am besten im Minutentakt kundzutun wäre, strengt doch ein wenig an. Dass ich dann noch wertschätzen müsste, dass sie sich stundenlang „schön“ gemacht hat, ist für mich eine echte Herausforderung, da ich eben in die Person, wie sie ist, verliebt bin, und echt nicht in die, wie sie sich herrichtet.
Vielleicht hat das ja mit meinem Beruf zu tun, ich stehe eben auf Natur pur und kann mir nicht vorstellen, dass es auch nur ein Mensch schafft, sich mit einer „Fassade“ schöner zu machen. Für mich zählt vor allem die saubere, gepflegte, nackte Schönheit.
Da diese Anerkennungen und Liebeserklärungen für meine liebe Hilde allerdings sooo wichtig sind, muss ich wohl lernen mein Bewusstsein dahingehend zu schärfen und in Zukunft eben Dinge als besonders toll und umwerfend ansprechen, wenn ich sie auch auf den ersten Blick gar nicht so wahrnehme.
DIE MORAL VON DER GESCHICHT: unterschätze eine sensible Künstlerseele nie nicht. Diese benötigt Balsam und Streicheleinheiten im Übermaß, um sich angenommen zu fühlen. Liebste Hilde ich nehme Dich an und finde Dich schön, sexy, wunderhübsch und liebenswert.